Stuntman_Dan hat geschrieben: 27. Jun 2022, 00:01"Quote" scheint hier das böse Wort zu sein. Nochmal, ich bin auch nicht für die Einführung einer Quote und ich bin mir sicher, die meisten Musikerinnen wollen das auch nicht. Das ist auch nicht das Ziel dieser Aktion. Das Ziel ist, dass das Geschlecht in Zukunft eben kein Thema mehr ist.
Jeder *Ismus ist schlecht (naja, nicht jeder, Opti- und Pessi- schliesse ich mal aus), aber Du weisst, was ich meine. Ich sage eben nur, dass meiner Meinung nach Quoten und Änderungen im Sprachgebrauch nichts an der Realität ändern. Sie führen, glaube ich, auch nicht zu einem Umdenken, sondern teilweise eher zu Verwirrung, teilweise zu meiner Erheiterung und sind tatsächlich, so hoffe ich, nicht von Dauer. Denn die Sprache an sich leidet.
Im Englischen versteht jeder, wenn ich sage „Hilary Mantel is the greatest living writer“ (das ist übrigens wirklich meine Meinung). Wenn ich auf Deutsch sage „Hilary Mantel ist die beste lebende Schriftstellerin“ könnte ich auch meinen, dass es aber 10 bessere Schriftsteller gibt. Und Schriftsteller*in kannst Du schreiben, wenn Du das willst, aber nicht so gut sprechen und es ist, so habe ich gehört, schlecht in Braille umsetzbar, und benachteiligt damit die Blinden. Schreibende ist Blödsinn und auch ungenau, weil erstens damit alle Personen gemeint sind, die gerade in dieser Sekunde schreiben (aber wenn sie den Stift hinlegen oder den iPad zuklappen, sind sie keine Schreibenden mehr). Gilt auch für Studierende, Radfahrende etc.
Komisch wird es eben, wenn man von tödlich verunglückten Radfahrenden schreibt, weil das sind eigentlich Zombies. Oder das Wort Schwarzfahren verbietet wie in Berlin, obwohl der Begriff mit der Hautfarbe nicht einmal etymologisch zu tun hat. Oder wenn Anna Calvi (tolle Musikerin und Gitarristin) sich über das quasi Verbot von Abtreibungen in den USA empört (und natürlich zurecht) und schreibt „A bad day for any person with a uterus“ - nö, mit Verlaub: es ist ein schlechter Tag für alle (!), mit und ohne Uterus, speziell aber für Frauen diesseits der Menopause.
Ich bin für 100% Chancengleichheit und Gleichbehandlung und gegen jede Form von Ausgrenzung. Aber, solange wir unsere Kinder nicht komplett im Reagenzglas zeugen und sie anschliessend in einer Institution großgezogen werden, sprich, solange es Sex, Mutter- und Vaterschaft gibt, wird das Geschlecht auch eine Rolle spielen. Alles andere wäre der Tod der Kultur, so wie wir sie kennen und zwar nicht nur der *Ismen, sondern jeder Kultur. Ist ein Text von Mylène ohne die Existenz von Geschlechtern denkbar?
Stuntman_Dan hat geschrieben: 27. Jun 2022, 00:01Da hätte ich mal eine ganz radikale Idee... um bei deinem Beispiel zu bleiben, dann kann man doch Adele UND U2 zu Headlinern machen.
Sorry, Hausaufgaben machen! Adele und U2 gab es noch nicht, aber Adele und Muse 2016 oder in diesem Jahr Paul McCartney und Bilie Eilish, nur um mal zwei Beispiele zu nennen.
Stuntman_Dan hat geschrieben: 27. Jun 2022, 00:01Ansonsten impliziert deine Aussage, dass mit einer Festivalleiterin und einem weiblichen Headliner alles den Bach runtergehen wird. Da halte ich dagegen und behaupte, dass es genug Schweine in die Eifel ziehen wird, die sich von einem weiblichen Headliner nicht abschrecken lassen und ja, alles ist gut...
Nein, sie impliziert nur, dass wir gute Headliner brauchen und nicht welche, die dort per Quote landen.
Versteh mich nicht falsch, aber das Thema Sexismus und Rassismus und die Benachteiligung ist ja nicht neu und (um mal die Oscars zu nennen), wenn mehrere Jahre lang gesagt wird, dass zu wenige Frauen und Nicht-Weisse gewinnen, dann würde ich mich als Jane Campion oder Will Smith schon fragen, habe ich den Preis jetzt wegen meiner Leistung gewonnen oder war ich nur Quote?
Ist dann auch irgendwie unbefriedigend.