imagine hat geschrieben:Mir fällt jetzt erst auf, dass der Song ja Charles est stone heißt. nicht Charles est stone
Mir den Kalauer nicht verkneifen kann: Ich dachte, das Lied heißt
Charles est stone
Ich hab die CD jetzt hier, und zweimal angehört. Um mit den Höflichkeiten anzufangen, "in echt" klingt sie ein itzi-bitzi besser als aus den Teasern, wobei da nach oben natürlich auch hinreichend Luft war. Um es kurz zu fassen, es ist eine halbwegs ordentliche Gebrauchs-Pop Platte. Schlecht nun nicht, aber furchtbar beliebig und allenfalls gepflegtes Mittelmaß. Greift man im FNAC bei Pop National ins Fach und zieht eine beliebige CD einer Frau in bunten Kleidchen und Geburtsjahr nach 1980 heraus, kann man sich darauf verlassen, genau sowas zu hören, in genau dem Stil und genau dem Sound und genau der Qualität.
Die meisten Lieder klingen wie das, was einem täglich im (Auto-) Radio widerfährt - die ersten 20 Sekunden sind immer vielversprechend mit sowas wie einer Melodie, ein interessantes Instrument, ein interessanter Effekt (wobei man z.B. das mit dem Vinyl-Knacksen ja auch schon 1000 Mal hatte, um nur ein Beispiel zu erwähnen), und exakt in dem Moment, wo dann eigentlich ein richtiges Lied daraus werden *könnte*, setzt dann immer nur der Autopilot mit irgendeinem
Mpfff-Mpfff-Mpfff-Mpfff-Mpfff-Mpfff-Mpfff-Mpfff ein.
Etwas besser wird das Album in den selteneren Augenblicken, wo sie mal sowas wie eine richtige Melodie hat, "Alcaline" zum Beispiel. Aber auch hier wird das zarte Pflänzchen eigentlich sofort wieder in einem Berg aus Klischees versenkt, wie oft brauchen wir im Jahr 2014 jetzt eigentlich immer noch Cher'sche übersteuerte Auto-Tuner und gesampelte hängende CDs? Und dann eben nicht nur als zwar unoriginelle aber sekundäre Gewürzbeigabe (wie durchaus auch auf "Monkey Me", um das mal klar zu sagen) sondern ganz massiv und (zu oft) als Tünche für fehlendes Songwriting.
A propos Songwriting... es ist schon entlarvend, daß nun ausgerechnet der Text von einem exponiertes Lied wie "Mylène Farmer" von einem Massenschreiber der Industrie verzapft wurde, dem man vorne oben eine Münze einschmeißt und hinten unten ein Blatt Papier mit einem Text rausfliegt. Und, Hallo!, dann ist die "Musik" noch von Herrn Obispo zusammen mit *zwei* anderen? Wieviele Leute braucht man denn, um einen Klingelton zu komponieren?
Da möchte man sich wirklich nicht den Spott verkneifen, anläßlich des Bühnenabschieds von Monty Python (dieser Tage in London) umzudichten: "Zum Komponieren? Durch die Tür hinaus, linke Reihe, jeder nur *einen* Ton!"
Das ist alles so *gewollt* - wir brauchen ein kontroverses Lied als Aufreger für die Medien, bucht mal die Profis. Und die Profis machen das, was man auch von Filmen mit drei Regisseuren und zwei Produzenten kennt, man versteckt sich in der Menge.
Ich bin ungerecht, das weiß ich... wenn die CD von irgendjemand anderer wäre, käme ich kaum auf die Idee, mir soviel Mühe auf der Suche nach Löchern zu machen. Aber die Löcher sind so groß, daß es reinregnet, und Alizée ist nun mal nicht "irgendjemand". Sie hat eine Biographie, durch die sie in eine Geschichte hineingeworfen wurde, die sie interessant macht, und dann hat sie, viele Jahre später, gezeigt, daß sie etwas kann. Und diese Latte hängt nun mal, und nun nimmt man zur Kenntnis, ob die Reise drüber oder drunter geht.
Von "Psychédélices" halte ich nicht viel, das hab ich hinreichend oft bekräftigt... aber "Psychédélices" kann man zugutehalten, daß man damals *versucht* hat, über eine Latte drüberzuspringen. Bei "Blonde" habe ich von vorne bis hinten das Gefühl, einem "Produkt" zuzuhören. Etwas vom grünen Tisch, nicht von der Sorte "wir versuchen mal, über diese Latte zu springen" und fliegen dann furchtbar auf die Schnauze, sondern "wenn wir das so und so machen, verkaufen wir soundsoviele Einheiten". Warum ist eigentlich kein WM-Song drauf? Das eine stereotype Klischee, was noch fehlen würde... dann wäre es fast schon wieder Konzept-Kunst. Wahrscheinlich hat vor 2 Monaten niemand damit gerechnet, daß Frankreich diesmal anständigen Fußball hinbekommt... und "Adieu les Bleus" hat man sich als Songtext dann doch nicht getraut (Fußballfans sind weitgehend ironiefrei).
Ich mag das Gör und wenn sie ein Album macht, dann *will* ich, daß es mir gefällt... aber bei "Blonde" fallen mir leider keine wirklich stichhaltigen Gründe ein, mit denen ich mich selbst überreden könnte. Es ist eine professionelle Pop-Platte, schämen müssen sie sich dafür jetzt nicht. Aber zum Liebhaben reicht es bei mir vorne und hinten nicht.
