Hier noch ein Konzertbericht wie versprochen. Achtung Spoiler für die, die noch hingehen und sich überraschen lassen wollen
Théâtre, Thionville 6.12.
Zazie hat mich bisher live noch nie enttäuscht. Das dritte Konzert, die dritte Tournee, und wieder war die Inszenierung ein wenig anders. „Cyclo“ war 2013 düster, die Ausleuchtung zurückhaltend, meist monochrom und in kalten Farben gehalten, passend zum Gesamtkonzept, passend zur damals aktuellen CD (die bis heute mein Lieblingsalbum der französischen Sängerin ist). „Encore Heureux“ drei Jahre später war eine ironisch zu verstehende und sicher ganz bewusst gewählte Antwort auf die Kritiker, die die Tour davor als zu depressiv empfunden hatten. Und „Essenciel“ ist ganz bestimmt als Tourmotto auch nicht zufällig gewählt - es ist natürlich der Titel der aktuellen Platte, aber die Setliste setzt sich außer aus einigen neuen eben vor allem aus den wirklich unentbehrlichen Songs zusammen. Und bei den meisten Zuschauern dürften an dem Abend kaum Wünsche offen geblieben sein. Nun gut, „Aux armes citoyennes“ und „Au diable nos adieus“ hätte Zazie von mir aus auch noch spielen können, aber sonst hat sie freundlicherweise alle meine Lieblingsstücke berücksichtigt. Überraschend, etwas unkonventionell und in diesem Sinne durchaus passend zu der Künstlerin, beginnt der Abend um kurz nach 20:00 Uhr mit dem großartigen „20 ans“ von „Cyclo“, und geschickt halten die Künstlerin und ihre fünfköpfige Band die Aufmerksamkeit über zwei Stunden hoch. In der ersten Hälfte wechseln sich alte Stücke wie „Zen“ oder „Larsen“ mit den neueren ab. Am Ende folgt dann Favorit auf Favorit: „Je suis un homme“, „Des rails“, „Rue de la paix“, „Toc Toc Toc“, „Rodéo“. Als Zugabe gibt es zwei Songs des vor einem Jahr erschienenen letzten Albums zu hören und als Abschluss meinen persönlichen Lieblingssong „J‘envoie valser“, bei dem man dann auch mal eine Träne verdrücken darf. Zwischen den Chansons gibt es immer wieder längere und offensichtlich sehr witzige Ansagen von Zazie; leider ist mein Französisch nicht genug genug, um die Pointen zu verstehen und im Oberrang des Theaters konnte ich sie sowieso nicht so gut verstehen, obwohl der Sound des Konzerts sonst gut war. Insofern habe ich auch die Namen ihrer Begleitmusiker nicht verstanden. Ich weiß nicht, ob es die gleichen waren wie 2016 - nur die zierliche Marie Lalonde an der Leadgitarre war unverkennbar wieder dabei. Ich habe eine ganze Reihe französischer Sängerinnen in den letzten Jahren live gesehen, teilweise auch mehrfach, aber eines hat sich bei diesem Konzert für mich bestätigt: Patricia Kaas oder Zaz mögen vor allem in Deutschland bekannter sein, aber live singt niemand besser als Zazie. Ihre Stimme ist überragend, egal ob Rocksong oder Ballade. Beim letzten Konzert, das ich vor drei Jahren im Atelier in Luxemburg gesehen hatte, war ich gar nicht so richtig in den Genuss der Bühnenshow gekommen, weil der dortige Club viel zu klein ist, um alle Elemente unterzubringen. Und ich glaube, dass das für den nächsten Tag in Luxemburg angesetzte und auch längst ausverkaufte Konzert auf die spiegelnden Lichtelemente hinter den Musikern verzichten musste. Gestört hat mich das Fehlen einer größeren Lichtshow 2016 nicht, aber als Beigabe ist sie auf alle Fälle sehenswert.
(© Empire Magazin 2019/2020)