Na, das war ja mal gut im Programm versteckt gestern - ich habe erst auf den letzten Drücker und eher zufällig gesehen, daß die Sendung überhaupt lief. Kleiner Tip an die ARD: Nächstes Jahr sendet es doch auf ARD Alpha nur im Kabelfernsehen, und zwar in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um 3 Uhr. Und gebt die Information vorher nicht raus.
Ich war selten so zwiegespalten und irgendwie auch so wütend, nicht weil es schlechter gewesen wäre als auch schon, sondern weil perfiderweise ein paar grundsätzlich gute Ideen drin waren, die dann aber (mit Ansage) verkackt wurden. So als wäre die Message "Seht Ihr, funktioniert nicht".
Ich rede mir seit 25+ Jahren den Mund fusslig, daß der deutsche Beitrag nicht UNS gefallen muß, sondern dem Rest der Welt, und wenn wir die Auswahl demokratisieren wollen (was per se weder gut noch schlecht ist), dann sollten nicht wir darüber abstimmen, sondern der Rest der Welt.
Genau das wurde jetzt tatsächlich gemacht, und das ist eine gute Idee. Wer es nicht gesehen hat, es gab 8 ausländische Jurys, die 50% der Stimmen lieferten. Und auch, daß der (geniale) neue Auszählungsmodus des Haupt-ESCs adaptiert wurde, war eine exzellente Idee.
Allein... wer zum Kuckuck waren denn diese ausländischen "Jurys", wer hat sie zusammengestellt, was genau befähigte sie und in welchem Verhältnis standen sie zum NDR und den drei Majorlabels? So wie das gelaufen ist, und so wie jede Info über die Leute vollkommen geheim blieb, drängt sich der übermächtige Verdacht auf, es war das gleiche Verfahren wie beim "Free ESC" von Pro7: Sender und Majors nehmen ein paar gute Kumpels und ordnen sie wegen der Ur-Omma irgendeinem Land zu.
Das mag jetzt hier vermutlich ein Minderheitenvotum sein, aber ich fand das Ergebnis dieser "Jurys" unterirdisch, und mit dieser Heulboje, die die erste Runde gewonnen hatte (knapp vor der zweitschlimmsten nächsten Heulboje) hätte Deutschland mit Hurrah den nächsten letzten Platz ergattert.
Wie schlimm war es? Positiv gesagt, auch nicht schlimmer als in den Jahren zuvor. 2/3 der Teilnehmer konnten nicht singen, jedenfalls nicht live. Und 3/4 der Beiträge waren keine Songs, sondern Leute, die simple Tonleitern rauf- oder runterjaulen, dazu politisch korrekte Banalitäten in Form von englischen Stichworten jammern ("Together", "World", "Unite", "Peace", "Love", "Pancakes") und im Wesentlichen damit punkten, daß sie in den Einspielfilmen erzählen, was für "Opfer" sie doch persönlich waren, und wie mutig sie trotzdem "ihren Weg" gegangen sind. Also exakt die Formel, mit der wir auch bisher schon so wunderbar erfolgreich waren.
Am besten gefallen hat mir ehrlich gesagt das "ESC Medley" am Ende, wo man gemerkt hat, das nahezu *jedes* legendäre ESC-Lied tatsächlich ein LIED war. Mit einer Melodie, die man sich merken konnte, und mit einem echten kompositorischen Aufbau.
Was das Teilnehmerfeld gestern anging, haben für mich eigentlich nur anderthalb Beiträge die Minimalvoraussetzung für "ein richtiger Song" erfüllt, halb dieser Funpunk (bei dem ich gespannt gewesen wäre, ob sie in Liverpool dann "What the Frak" singen) und der einzige wirklich richtige Song war tatsächlich Lord Of The Lost. Und das uns am Ende dann ausgerechnet das Zuschauervoting vor der Armee der Heulbojen gerettet hat, ist dann fast schon der Treppenwitz des Jahres...
Das Medley:
Auch wenn es Playback ist... warum schicken wir eigentlich nicht Barbara Schöneberger? Mit einem richtigen Lied? Stimmlich macht sie für meinen Geschmack das komplette Feld patschnass.
Und die haben gewonnen:
Wie auch immer, schämen müssen wir uns mit Lord Of The Lost dieses Jahr nicht, sie werden es nicht (wie Maneskin oder Lordi) gewinnen, aber ich hab irgendwie das Gefühl, es wird auch nicht der letzte Platz am Ende sein (zumindest 12 Punkte aus Finnland und der Ukraine sollten uns sicher sein). Meine 4 Pfennige...
