von MartinC » 19. Mai 2025, 09:58
So, war gestern unterwegs, aber ein paar vereinzelte Splitter möchte ich loswerden...
1) Dieses Jahr ging es nur um Show und nicht um Lieder. Das war (für alle betroffenen Acts) am Ende Pech. Nicht mehr, nicht weniger. Die Schweiz war mit Lichtjahren Abstand das beste Lied, und in dem Jahr, in dem Salvador Sobral gewonnen hatte, wäre die Schweiz nun erneut der Ausrichter gewesen. War aber dieses Jahr das Gegenteil, dumm gelaufen, aber Niemandes Schuld.
Österreich war mit Abstand die beste Show von allen, und folglich haben sie (verdient) gewonnen. Das Lied war/ist für mich hingegen Schrott, Sorry, es nervt mich ohne Ende. Was nichts mit dem Sänger zu tun hat, der war/ist handwerklich phänomenal, aber das blanke Audio wollte ich freiwillig keine 30 Sekunden hören, da bleibt bei mir keine Melodie hängen, und noch nicht mal Dramaturgie. Es ist eine seelenlose perfektionierte Montage aus Gebrauchsdramaturgie, und die sinnfreie Techno-Sequenz am Ende ist (musikalisch) der finale Sargnagel. Aber - es ist/war die beste Show, und damit für den Geschmack dieses Jahres 2025 der logische und verdiente Sieger.
2) Was aber auffällt: In dem halben Jahrhundert, in dem ich diesen Almauftrieb jetzt verfolge, hatte es noch *niemals* funktioniert, den Vorjahressieger zu kopieren, das ging *immer* krachend unter. Nun hat Österreich die komplette "Idee" des Siegertitels 2024 einmal nachkopiert, lediglich in "handwerklich besser". Statt wimmernder Kopfstimme *professionelle* hohe Stimme, und statt Spaß-Drehscheibe von der Dorf-Kirmes die ganz große Bühnentechnik. Und zum ersten Mal ever wurde das nicht abgestraft, sondern belohnt.
Insofern graust es mir jetzt schon vor 2026, wenn von 40 Nationen dann 30 mit wimmernden Bübchen aufmarschieren, die versuchen schreiend Fledermäuse zu verjagen...
3) Ich finde nicht, daß "Baller" so mittelmäßig ist, sondern vor allem an seinem Arrangement scheiterte. Das Lied ist (in der Melodie) weitaus vertrackter, als man erstmal denkt, aber eine vertrackte Melodie muß man eben erstmal "kapieren" (können). Ich mußte es 6-7 mal hören, bis ich die Melodie in der Strophe "kapiert" hatte, und wenn man die mal im Kopf hat, dann funktioniert der Song auch plötzlich. Und ich hatte ihn die letzten Tage auch einfach so im Kopf, es hat also *auch* Ohrwurm Potential. Und wie gesagt, ich meine jetzt die Strophe, nicht den Refrain.
Doch das Arrangement hatte einen katastrophalen Fehler, es gab schlichtweg kaum eins. Die Strophe singt Tynna nahezu acappella über den Drumcomputer! Im Prinzip klingt diese Version wie ein exotischer Remix von einem weitaus ohrgefälligerem Original. Würde man dieses "Orginal" kennen, wäre er vermutlich sogar cool, aber jetzt versetzt Euch mal in die Situation von 90% des Publikums in ganz Europa. Die haben *diese* Version von "Baller" Samstagnacht zum ersten und einzigen Mal in ihrem Leben gehört, und um die Melodie überhaupt wahrzunehmen, müssen sie zu 70% der Songlänge ganz konzentriert auf Tynnas Gesang zu dem spartanischen Drumcomputer achten. Wer bitte macht das? Und warum sollte er/sie?
Wenn drumherum 15 andere Songs spielen, wo einem die Melodie durch fette und bombastische Backing-Akkordfolgen von Keyboards und Orchestern ins Ohr gedrückt wird, über die die Vocals dann nur noch ein wenig dazuhüpfen müssen.
Falls ihr aktuell die neuen Remixe von "Moi Lolita" gehört habt. Stellt Euch mal vor, jemand würde *nur* so einen Remix hören, wo die isolierten Vocals ohne jeden Begleitakkord vor monotonem Umpfta-Umpfta-Umpfta Getrommel kämen, ohne je das Original gehört zu haben. Würde das ein Hit werden?
4) Und ein großes Problem ist schlichtweg... Raab. Nicht, daß er ganz falsch gelegen hätte, aber es gibt da bei ihm ein sehr fundamentales Problem. Er wurde "damals" so erfolgreich, weil er radikal und mutig fast alles konterkarierte, was damals "üblich" war. Und jetzt... kopiert er sich und zwar auf breiter Front. Habt ihr mal seine Sendung gesehen? Die erste Hälfte ist eine Kopie von genau den alten Witzen, die er vor 20 Jahren bei TV Total gemacht hat, und die zweite Hälfte ist eine Kopie von "Schlag den Raab". Und zwar beides eine schwache Kopie ohne *jede* neue Zutat.
Und irgendwie hat er es mit ESC nun ja auch so gemacht. Es muß in Basel einen Eklat gegeben haben, und zwar hat er scheinbar in der Innenstadt unangekündigt ein Konzert "gekapert", da hatte eine Band auf einem Straßenfest gespielt und er ist mit den Heavytones irgendwie mitten in deren Auftritt auf die Bühne gegangen und hat Werbung für Deutschland gemacht, ohne das mit *irgendwem* abzusprechen oder sich sogar eine Erlaubnis einzuholen.
Vor 15-20 Jahren war sowas "witzisch" und hat allüberall Beifall erzielt. Aber heute haben das seitdem *soviele* andere Clowns gemacht, daß die Nummer durch ist, und das Medienecho auf seinen Überfall muß in der Schweiz verheerend gewesen sein.
5) Und dazu... warum haben wir Null Punkte aus Österreich bekommen, obwohl Abor & Tynna doch Österreicher sind?
Offenbar ist Abor seit Wochen durch die österreichischen Medien gezogen und hat überall verkündet, er/sie würden den ESC klar gewinnen. Nicht "wir hoffen", oder "wir können", sondern - Leute, wir gewinnen die Show, ganz klar. Und das kam, in Österreich, nicht so gut an. Selbstbewußtsein ist eine gute Sache und kann auch positiv wirken, aber es gibt einen Unterschied zu gnadenloser Selbstüberschätzung...
6) Und schließlich noch einmal - Gratulation an die Schweiz, das war der beste und unterhaltsamste ESC den ich jemals gesehen habe, und ich kauf mir vielleicht sogar die DVD, um die Moderation ohne das lokale Gesabbel zu bekommen.
Ich hatte etwas Bammel, daß jetzt Michelle Hunziker als großer Star das Finale "übernimmt", aber die hielt sich ja, vielleicht auch wegen ihren abgeschossenen Stimmbändern, sehr fair zurück.
Und die absolute Gewinnerin ist und bleibt für mich erneut Hazel Brugger, die nach diesem Wochenende karrieretechnisch eigentlich mindestens dorthin katapultiert werden sollte, wo Michelle Hunziker bislang das Monopol hatte.
Meine Top-3 Zitate aus dem Finale:
Bronze:
"As Swiss we have a hard time showing our emotions, as I always say: We don't have feelings, we have money!"
Silber:
"I know I look grumpy [but] when I had my first child, I was so overwhelmed with joy, I neary smiled!"
Gold:
"Me, Hazel Brugger, the one that refuses to wear high-heels and was named after a nut!"

So, war gestern unterwegs, aber ein paar vereinzelte Splitter möchte ich loswerden...
1) Dieses Jahr ging es nur um Show und nicht um Lieder. Das war (für alle betroffenen Acts) am Ende Pech. Nicht mehr, nicht weniger. Die Schweiz war mit Lichtjahren Abstand das beste Lied, und in dem Jahr, in dem Salvador Sobral gewonnen hatte, wäre die Schweiz nun erneut der Ausrichter gewesen. War aber dieses Jahr das Gegenteil, dumm gelaufen, aber Niemandes Schuld.
Österreich war mit Abstand die beste Show von allen, und folglich haben sie (verdient) gewonnen. Das Lied war/ist für mich hingegen Schrott, Sorry, es nervt mich ohne Ende. Was nichts mit dem Sänger zu tun hat, der war/ist handwerklich phänomenal, aber das blanke Audio wollte ich freiwillig keine 30 Sekunden hören, da bleibt bei mir keine Melodie hängen, und noch nicht mal Dramaturgie. Es ist eine seelenlose perfektionierte Montage aus Gebrauchsdramaturgie, und die sinnfreie Techno-Sequenz am Ende ist (musikalisch) der finale Sargnagel. Aber - es ist/war die beste Show, und damit für den Geschmack dieses Jahres 2025 der logische und verdiente Sieger.
2) Was aber auffällt: In dem halben Jahrhundert, in dem ich diesen Almauftrieb jetzt verfolge, hatte es noch *niemals* funktioniert, den Vorjahressieger zu kopieren, das ging *immer* krachend unter. Nun hat Österreich die komplette "Idee" des Siegertitels 2024 einmal nachkopiert, lediglich in "handwerklich besser". Statt wimmernder Kopfstimme *professionelle* hohe Stimme, und statt Spaß-Drehscheibe von der Dorf-Kirmes die ganz große Bühnentechnik. Und zum ersten Mal ever wurde das nicht abgestraft, sondern belohnt.
Insofern graust es mir jetzt schon vor 2026, wenn von 40 Nationen dann 30 mit wimmernden Bübchen aufmarschieren, die versuchen schreiend Fledermäuse zu verjagen...
3) Ich finde nicht, daß "Baller" so mittelmäßig ist, sondern vor allem an seinem Arrangement scheiterte. Das Lied ist (in der Melodie) weitaus vertrackter, als man erstmal denkt, aber eine vertrackte Melodie muß man eben erstmal "kapieren" (können). Ich mußte es 6-7 mal hören, bis ich die Melodie in der Strophe "kapiert" hatte, und wenn man die mal im Kopf hat, dann funktioniert der Song auch plötzlich. Und ich hatte ihn die letzten Tage auch einfach so im Kopf, es hat also *auch* Ohrwurm Potential. Und wie gesagt, ich meine jetzt die Strophe, nicht den Refrain.
Doch das Arrangement hatte einen katastrophalen Fehler, es gab schlichtweg kaum eins. Die Strophe singt Tynna nahezu acappella über den Drumcomputer! Im Prinzip klingt diese Version wie ein exotischer Remix von einem weitaus ohrgefälligerem Original. Würde man dieses "Orginal" kennen, wäre er vermutlich sogar cool, aber jetzt versetzt Euch mal in die Situation von 90% des Publikums in ganz Europa. Die haben *diese* Version von "Baller" Samstagnacht zum ersten und einzigen Mal in ihrem Leben gehört, und um die Melodie überhaupt wahrzunehmen, müssen sie zu 70% der Songlänge ganz konzentriert auf Tynnas Gesang zu dem spartanischen Drumcomputer achten. Wer bitte macht das? Und warum sollte er/sie?
Wenn drumherum 15 andere Songs spielen, wo einem die Melodie durch fette und bombastische Backing-Akkordfolgen von Keyboards und Orchestern ins Ohr gedrückt wird, über die die Vocals dann nur noch ein wenig dazuhüpfen müssen.
Falls ihr aktuell die neuen Remixe von "Moi Lolita" gehört habt. Stellt Euch mal vor, jemand würde *nur* so einen Remix hören, wo die isolierten Vocals ohne jeden Begleitakkord vor monotonem Umpfta-Umpfta-Umpfta Getrommel kämen, ohne je das Original gehört zu haben. Würde das ein Hit werden?
4) Und ein großes Problem ist schlichtweg... Raab. Nicht, daß er ganz falsch gelegen hätte, aber es gibt da bei ihm ein sehr fundamentales Problem. Er wurde "damals" so erfolgreich, weil er radikal und mutig fast alles konterkarierte, was damals "üblich" war. Und jetzt... kopiert er sich und zwar auf breiter Front. Habt ihr mal seine Sendung gesehen? Die erste Hälfte ist eine Kopie von genau den alten Witzen, die er vor 20 Jahren bei TV Total gemacht hat, und die zweite Hälfte ist eine Kopie von "Schlag den Raab". Und zwar beides eine schwache Kopie ohne *jede* neue Zutat.
Und irgendwie hat er es mit ESC nun ja auch so gemacht. Es muß in Basel einen Eklat gegeben haben, und zwar hat er scheinbar in der Innenstadt unangekündigt ein Konzert "gekapert", da hatte eine Band auf einem Straßenfest gespielt und er ist mit den Heavytones irgendwie mitten in deren Auftritt auf die Bühne gegangen und hat Werbung für Deutschland gemacht, ohne das mit *irgendwem* abzusprechen oder sich sogar eine Erlaubnis einzuholen.
Vor 15-20 Jahren war sowas "witzisch" und hat allüberall Beifall erzielt. Aber heute haben das seitdem *soviele* andere Clowns gemacht, daß die Nummer durch ist, und das Medienecho auf seinen Überfall muß in der Schweiz verheerend gewesen sein.
5) Und dazu... warum haben wir Null Punkte aus Österreich bekommen, obwohl Abor & Tynna doch Österreicher sind?
Offenbar ist Abor seit Wochen durch die österreichischen Medien gezogen und hat überall verkündet, er/sie würden den ESC klar gewinnen. Nicht "wir hoffen", oder "wir können", sondern - Leute, wir gewinnen die Show, ganz klar. Und das kam, in Österreich, nicht so gut an. Selbstbewußtsein ist eine gute Sache und kann auch positiv wirken, aber es gibt einen Unterschied zu gnadenloser Selbstüberschätzung...
6) Und schließlich noch einmal - Gratulation an die Schweiz, das war der beste und unterhaltsamste ESC den ich jemals gesehen habe, und ich kauf mir vielleicht sogar die DVD, um die Moderation ohne das lokale Gesabbel zu bekommen.
Ich hatte etwas Bammel, daß jetzt Michelle Hunziker als großer Star das Finale "übernimmt", aber die hielt sich ja, vielleicht auch wegen ihren abgeschossenen Stimmbändern, sehr fair zurück.
Und die absolute Gewinnerin ist und bleibt für mich erneut Hazel Brugger, die nach diesem Wochenende karrieretechnisch eigentlich mindestens dorthin katapultiert werden sollte, wo Michelle Hunziker bislang das Monopol hatte.
Meine Top-3 Zitate aus dem Finale:
Bronze: [i]"As Swiss we have a hard time showing our emotions, as I always say: We don't have feelings, we have money!"[/i]
Silber: [i]"I know I look grumpy [but] when I had my first child, I was so overwhelmed with joy, I neary smiled!"[/i]
Gold: [i]"Me, Hazel Brugger, the one that refuses to wear high-heels and was named after a nut!"[/i]
:lol: