Lars von Trier und "Nymphomaniac"

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Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von MartinC » 30. Jul 2015, 12:04

Was das klassische "Was will uns der Dichter sagen?" angeht, Antworten wirst Du von Trier generell nicht bekommen, denn wenn er auf irgendetwas eine Antwort hätte, würde er keinen Film darüber machen. Das wohl bekannteste Zitat von ihm, in seinem gewöhnungsbedürftigem Humor, lautet nicht zuletzt "Ich hoffe, eines Tages psychisch gesund genug zu sein, keine Filme mehr drehen zu müssen"...

Was man aus seinen Filmen ziehen kann, ist immer rein persönlich und nicht allgemein, weshalb ich maximal sagen kann, was ich selber mit ihm anfange...

Das erwähnte "Melancholia" ist für mich auch nicht der ergiebigste Film, wobei man die Frage "um was es geht" hier relativ klar und allgemeinverbindlich beantworten kann, nämlich um die Angst vor dem Tod. Der Teil, mit dem ich das meiste anfangen kann, ist das Finale mit dem Psychogramm der beiden ungleichen Schwestern (wobei ich hier finde, daß Kirsten Dunst nicht wirklich gleichberechtigt mithalten kann). Ich finde den Film trotzdem nicht schlecht, allein für die Überraschung, daß mich der allumfassende "Tod", der hier ja nun wirklich der TOD ist, mehr emotional bewegt, als ich mir als alter abgeklärter Zyniker selbst eingestanden hätte. Die Sequenz, ganz am Anfang, geht mir ans Eingemachte, auch wenn es nichts als handwerklich solide altmodische Special Effects sind.

Was "Nymphomaniac" angeht, eine ausformulierte "Botschaft", die man mit nach Hause nimmt, hat er nicht, aber der Teil mit dem "Was der Dichter sagen will" hat mich schon immer wenig interessiert - wenn er irgendwas sagen will, wie "Seid nett zueinander", warum sagt er es nicht und gut ist.

Was der Film mir bringt, hab ich eigentlich oben schon skizziert, es geht um das "Warum?" das ständig gefragt wird, wenn mal wieder etwas passiert. Jemand fliegt ein Passagierflugzeug in die Berge. Jemand erschießt Menschen in der Kirche. Und dann die Nachrichten "Schrecklich, Schrecklich" und "Warum?". Und die gegebene Antwort ist immer entweder rational (für eine Religion, für eine Politik, aus Habgier oder anderen niederen aber logischen Gründen) - und wenn es nichts von dem ist, dann ist es eine Geisteskrankheit.

Bei dem Flugzeug hat uns alle etwas verstört, daß die "Geisteskrankheit" gar nicht so massiv erschien, aber jetzt heißt es, er hätte seine Medikamente abgesetzt, und schon ist es wieder eine wunderbar rationale Katastrophe mit Unfallcharakter.

"Nymphomaniac" ist das Psychogramm von völlig normalen und (in diesem Sinne) gesunden Menschen. Sie sind gebildet, sie sind rational, sie verhalten sich logisch, sie sind moralisch (bevor jetzt einer einspricht: Speziell Joe ist eine hochmoralische Frau, es mag nicht die Moral der Gesellschaft sein, aber sie verhält sich nach dem wichtigsten Prinzip der Moral, bei ihr auch dann zu bleiben, wenn sie gegen ihre Interessen und Gefühle steht). Es gibt in dem Film keine Katastophe von außen, keine Tragödie in der Familie, keinen "Auslöser" für irgend einen Sturz. Geistig, moralisch, intellektuell bestens ausgestattete Menschen begeben sich in einen konstruktiven, positiv geprägten Tanz, und am Ende wandern sie in einen Abgrund, *ohne* daß eine der oben unter "Warum?" genannten Kriterien erfüllt werden.

Wenn Du so willst, ist *das* für mich die "Botschaft", die er mir vor Augen führt. Wenn Du glaubst, das passiert nur anderen Menschen, die zu dumm, oder zu verblendet, oder zu krank, oder zu irrational sind - "träum weiter". Der Abgrund kann jetzt schon in Dir sein, ohne daß Du merkst, daß Du in ihn hineintanzt, und ohne daß es jemand merkt, der neben Dir steht.

Bei der "Timeless" Besprechung hab ich mich ja bei "Je t'aime melancholie" in diese Metapher gestürzt, die leuchtende Zivilisation oben und die marodierenden Höllenmaschinen unten, und dazwischen eine gefährlich dünne Kruste. "Nymphomaniac" ist eine präzise mit dem Rasiermesser herausgedrechselte Darstellung, daß die Kruste nochmal viel dünner ist, als in dem Bühnenbild.

Insofern halte ich "Nymphomaniac" auch für deutlich verständlicher, als z.B. "Dancer in the Dark", wo die Hauptfigur Selma im Prinzip aus einem Märchen stammt, eine skandinavische Mischung aus "Sterntaler" und dem "Mädchen mit den Schwefelhölzern". Der Film hat psychologisch kaum einen Anker in der Realität, es ist das Psychogramm des Sterntalermädchens in der modernen westliche Zivilisation. Die meisten Zuschauer werteten den Film wohl primär als Plädoyer gegen die Todesstrafe und nehmen das dann als Botschaft, aber wenn es nur darum ginge, wäre und ist jeder emotionale Mainstreamfilm von der "Kammer" bis zu was-auch-immer effektiver.

Der "Schlüssel" für diesen Tanz in den Abgrund ist die Verwandlung von Seligman, die er selbst nicht bemerkt, Joe nicht bemerkt, und (bedingt) der Zuschauer am wenigsten. Und da hab ich nach der Kritik von Thomas gemerkt, daß der Kinoschnitt auch einen Vorteil hat - dort fehlt die komplette Geschichte mit der Abtreibung. Statt dessen mag Joe plötzlich keine Psychater, und Seligman ist darüber leicht frustriert und nimmt es zur Kenntnis. Mit der Szene wird aber klar, daß mit Seligman etwas vorgeht. Die Vergewaltigung im Zug im ersten Teil nimmt er, der Humanist, als Advocatus Diaboli einfach so hin, aber über die Abtreibung bekommt er plötzlich eine Krise. Damit ist klar, daß ihm Joe plötzlich nicht mehr egal ist, sondern er anfängt, ihre Taten persönlich zu nehmen. Aber das merkt er selber nicht, so wenig wie Joe, und so kommt es zu der Situation am Ende, daß beide völlig aneinander vorbeireden und er gar nicht merkt, welche Konsequenz sein verändertes Ich für sie hat. Dieser "Tanz" der beiden Identitäten, die zu dieser fatalen Situation führt, in der Präzision, wie sie erklärt wird, ist das, was mich an dem Film erschüttert und fasziniert. Und ich wüßte nicht, wie und wo man das hätte kürzer machen können, ohne irgendwann auf Erzählmodus zu schalten und einfach "als "Film" zu behaupten, eine oder beide Protagonisten wären jetzt halt plötzlich anders.

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von Erzengel » 30. Jul 2015, 08:44

Ich werde mir Eure Beiträge nochmal in aller Ruhe durchlesen, will aber - nach dem Ansehen von 5 1/2 Stunden Director's Cut auf Sky spontan meine Meinung kundtun ;)

Ich kann mit dem Film wenig anfangen. Ich erkenne weder einen moralischen, noch einen philosophischen oder ästhetischen Sinn. Das Gespräch zwischen Joe und Seligman ist über weite Strecken trivial und schneidet zwar alle möglichen philosophischen, mathematischen oder ethischen Probleme an, ohne jedoch jemals wirklich eine gewisse Tiefe zu erreichen. Aber vor allem - und das ist mein Hauptkritikpunkt, ist der Film viel zu lang geraten. Teil Eins ist gelungen, aber im Teil Zwei habe ich mich doch zunehmend gelangweilt.

Ich verstehe letztlich nicht, was Lars von Trier mir eigentlich mitteilen will. Und da habe ich das gleiche Problem wie bei "Melancholia". Dort habe ich nicht verstanden, was der erste Akt eigentlich für einen Sinn hatte. Aber "Melancholia" war wenigstens ästhetisch beeindruckend und bildgewaltig. "Nymph()maniac" ist für mich am Ende ein Werk, dass den Lärm nicht wert ist, der um es gemacht wurde.

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von THomasHH » 1. Jun 2015, 14:54

MartinC hat geschrieben:
THomasHH hat geschrieben:Die Hardcore-Szenen empfand ich nicht als störend oder unangebracht. Es wäre, wenn sie fehlten, wohl eher so, dass es wie geschnitten empfunden hätte werden können.
Allein das ist einer der Gründe, warum der Film cinematographisch so spektakulär ist, es gibt kaum ein vergleichbares Werk mit diesem visuellen Ansatz und dieser Wirkung.
Jaha, Nymphomaniac ist der Film, der Baise-moi gern gewesen wäre. :kicher:
Nicht, dass ich die beiden Filme auf ein Level stellen möchte. BM spielt in einer unteren Liga, wobei ich ihn trotzdem irgendwie mag.

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von MartinC » 1. Jun 2015, 13:57

THomasHH hat geschrieben:Französischer Ton? Nein, da ist nur engl. Ton drauf.
Oder meinst Du, es gibt französische Stellen im Film? Wäre mir nicht aufgefallen. Nur das afrikanische Palaver der beiden Afrikaner, das aber nicht verstanden werden sollte, da ja auch Joe es nicht verstand.
Das war jetzt ein kleiner spontaner Gedankenfehler von mir, bzw. eine unbewußte Verwechslung mit "Giorgino" (der ja englisch gedreht wurde und dann von Farmer franz. synchronisiert wurde - und nur franz. Untertitel im O-Ton hat).

Charlotte Gainsbourg erwähnt in ihrem Interview, wie sie beim "Post-Syncing" erschrocken ist, und irgendwo hatte ich eben beim Schreiben die falsche Idee, daß die UK BluRay den französischen Ton hat - natürlich nicht, weil Gainsbourg sich zwar selbst für Fankreich synchronisiert, es aber natürlich keinen Grund gibt, den Ton außerhalb Frankreichs dazuzupacken.
THomasHH hat geschrieben:Die Hardcore-Szenen empfand ich nicht als störend oder unangebracht. Es wäre, wenn sie fehlten, wohl eher so, dass es wie geschnitten empfunden hätte werden können.
Allein das ist einer der Gründe, warum der Film cinematographisch so spektakulär ist, es gibt kaum ein vergleichbares Werk mit diesem visuellen Ansatz und dieser Wirkung.

Skarsgård bringt es im Interview auf den Punkt mit dem Satz "it's human behaviour... with body parts that you usually don't see". Und Gainsbourg mit "it's part of the film, it's the beauty of the film [...] and it would have been total nonsense to be prude and hide stuff".

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von THomasHH » 1. Jun 2015, 13:12

Französischer Ton? Nein, da ist nur engl. Ton drauf.
Oder meinst Du, es gibt französische Stellen im Film? Wäre mir nicht aufgefallen. Nur das afrikanische Palaver der beiden Afrikaner, das aber nicht verstanden werden sollte, da ja auch Joe es nicht verstand.

Und ja, die Wandlung Seligmans ist mir schon gestern aufgefallen.
Zuerst die mathematischen Gleichungen zu Joes Erzählungen, dann immer mehr Widerstand, bis hin zum völligen Ausklingen beim Abtreibungsthema.

Aufgrund der Länge des Films (ich betrachte ebenfalls beide Teile als Eins, alles andere hat keine Sinn) werde ich ihn mir im nächsten Urlaub noch mal anschauen.
Knapp Fünfeinhalb Stunden sind ja nicht ohne, aber die unaufgeregte Erzählweise ist genau richtig, weniger wäre hier eher nicht mehr gewesen, IMO.

Die Hardcore-Szenen empfand ich nicht als störend oder unangebracht. Es wäre, wenn sie fehlten, wohl eher so, dass es wie geschnitten empfunden hätte werden können.

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von MartinC » 1. Jun 2015, 12:17

Das mit den Untertiteln ist allerdings wirklich dusslig, hätte ich schon erwartet, daß sie dann auch Englisch mit drauf sind - dann vermutlich nur für den franz. Ton, oder?

Ich freue mich, daß Dir der Film gefallen hat (nach dem Riesentext, den ich oben verzapft habe...), selbstverständlich ist das natürlich nicht, bei der Ungewöhnlichkeit des ganzen Werks.

Das verblüffendste an seinem Schluß finde ich ist, daß er zwar völlig überraschend kommt, aber gleichzeitig auch naheliegend ist, es ist also keine willkürliche Wendung die irgendwo aus dem Nichts auftaucht, sondern beinahe ein Ende mit Ansage - nur daß diese Ansage grandios versteckt wurde. Das ist Erzählkunst von allererster Klasse, dem Zuschauer eine Geschichte zu erzählen und ihn dabei so brillant abzulenken, daß er sie bis ganz zuletzt gar nicht richtig wahrnimmt, auch wenn sie die ganze Zeit vor seiner Nase war...

Um nicht mit diesen Zeilen jetzt allen Mitgliedern hier nochmal Over-Suspense zu erzeugen - wen es zwar interessiert, aber wer sich den Film mit Bestimmtheit nie ansehen wird, ein kleinerer Spoiler (nicht der eigentliche) verdeckt zur Erklärung:

Man denkt beim ersten Ansehen des Films selbstverständlich die ganze Zeit, daß er die Geschichte von Joe erzählt. Aber in Wahrheit erzählt er ebenso die Geschichte von Seligman, und während man gebannt den Erzählungen von Joe folgt, verändert sich Seligman ganz langsam und Stück für Stück. Falls man sich den Film mit etwas Abstand noch ein zweites Mal ansieht, merkt man es unmittelbar, daß Seligman, je mehr Joe von sich preisgibt, seine Haltung zu ihr verändert, ganz langsam und subtil. Am Ende ist Seligman nicht mehr der gleiche Mensch, der er am Anfang war, und darin mündet der Showdown des Films.

Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von THomasHH » 1. Jun 2015, 11:23

Soo, gestern nun endlich habe ich mir Nymphomaniac Vol.1+2 im Dir. Cut angeschaut.

Ich kann meine Eindrücke nicht so gut in Worte fassen, wie Martin es getan hat. Ich kann aber sagen, dass mir dieser Film sehr gut gefallen hat.
Das gilt sowohl für die Geschichte an sich, für die Charaktere, als auch für die Erzählweise - also den inszenatorischen Stil.
Das Ende war für mich so auch nicht erwartbar, was mir aber gefiel (ähnlich wie ich angenehm überrascht über das Ende von "Ex Machina" war).

Den Kauf der UK-BD hätte ich mir allerdings schenken können.
Ich ging davon aus, dass engl. UT drauf seien, ist aber nicht. Somit hätte ich mir genausogut auch die dt. BD holen können.
Das Verständnis wäre mit engl. UT leichter gewesen, so aber ging es auch.

Re: Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von THomasHH » 16. Dez 2014, 22:21

Ich keinen einzigen Trier-Film bis jetzt.
Es wird also ein spannendens Unterfangen, ihn jetzt kennenzulernen, wo schon so viel von ihm vorliegt. Ich kann also quasi aus dem Vollen schöpfen. :)

Re: Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von MartinC » 15. Dez 2014, 23:47

THomasHH hat geschrieben:Ich kenne übrigens auch die beiden anderen, von Dir erwähnten Filme nicht, bei denen Charlotte Gainsbourg mitspielt.
Ist es sinnvoll, oder gar notwendig, diese vorher gesehen zu haben, um diesen hier besser zu begreifen?
Überhaupt nicht, die drei Filme haben nichts miteinander zu tun - es ist aber eine Art Manie von ein paar Cineasten, alle seine Filme in Trilogien einzuteilen (am Anfang die "Europa" Trilogie, dann die "Golden Heart" Trilogie, die abgebrochene "Amerika" Trilogie, und die letzten drei Filme firmieren jetzt als "Trilogie der Depression"). Gut, Kritiker machen sowas gerne um Struktur in ihre Analysen zu bekommen, aber ich finde es eher irreführend. Zumal zum Beispiel "Dancer in the Dark" (Golden Heart) hundertmal mehr mit "Dogville" (Amerika) zu tun hat, als jetzt "Melancholia" mit den anderen beiden.

Die einzige Reihenfolge, die empfehlenswert wäre, ist "Manderlay" nach "Dogville", denn die "Amerika-Trilogie" war als einziges von Trier auch als Trilogie entworfen und handelt von den gleichen Personen. Es ist aber leider auch sein schwächster Film und in letzter Konsequenz brachte er ihn in die Psychatrie. Einer der Gründe war Nicole Kidman, die in "Dogville" unglaublich stark spielte, aber dann für "Manderlay" absagte, offiziell aus Termingründen (man munkelt aber, daß ihr "Dogville" einfach too much war, und sie zwar stolz auf den Film ist, aber die Psycho-Geisterbahn der Dreharbeiten nicht nochmal machen wollte). Ersetzt wurde sie durch die junge Schauspielerin Bryce Dallas Howard, und der nahm man die Rolle (nach Kidmans Glanzleistung) einfach nicht ab. Triers Depressionen nahmen nach dem Film dramatisch zu, woraufhin er sich selbst in eine Klinik einweisen ließ und den angedachten dritten Teil verwarf. Er sagte sogar, er würde nie wieder drehen. Dann hat er sich aber wieder aufgerappelt und drehte nach seiner Rückkehr "AntiChrist" - darauf bezieht sich Gainsbourg in dem Interview oben, wenn sie sagt, Trier "wasn't well" als sie ihn erstmals traf.

Triers Filme sind *alle* extrem unterschiedlich, bis auf die beiden Amerika-Filme haben keine zwei Filme den gleichen Stil, die gleiche Technik, die gleiche Optik, und die Handlungen haben nichts miteinander zu tun. Was die Entwicklung betrifft, das erklärt Skarsgard in seinem Interview perfekt - in den "Europa" Filmen war Trier ein Technokrat und Regie-Diktator. Dann fing er von "Breaking the Waves" über "The Idiots", "Dancer in the Dark" zu "Dogville"/"Manderlay" an, von Film zu Film seine handwerklichen "Werkzeuge" aufzugeben und seine SchauspielerInnen "leben" zu lassen. Und dann holte er von "AntiChrist" über "Melancholia" zu "Nymphomaniac" Stück für Stück seine Werkzeuge wieder zurück, ließ aber seine Darsteller trotzdem "leben".

Wer Trier jetzt gar nicht kennt aber neugierig geworden ist - zum Einstieg empfehle ich auch gerne "Dogville", obwohl (oder grade weil) es sein minimalistischster Film ist. Er ist aber unglaublich stark, die Geschichte ist dramatisch, extrem spannend, und Kidman ist in diesem Fim brillant. Um noch neugieriger zu machen: wer vorher *garnix* von Trier und dem Film weiß, wird in den ersten Minuten schlucken... "Huch, was ist *das* denn"... keine Sorge, das funktioniert, und es wird sehr sehr spannend, und das Finale ist *furios* :pfeif:

"AntiChrist" ist ein sehr sehr harter, extremer und psychotischer Film. Nochmal die Warnung - längere Sequenzen gegen Ende sind extrem schockierend. Wer Probleme mit Gewaltdarstellungen hat, sollte ihn sich mit Bedacht ansehen.

"Melancholia" ist vor allem ein sehr merkwürdiger Film (selbst für Triers Verhältnisse). Auf den ersten Blick eine Art Katastrophen-Film, hat aber nicht das geringste mit dem Genre wie "Deep Impact" oder "Day After Tomorrow" zu tun, es ist ein Psychogramm zweier unterschiedlicher Schwestern. Charlotte Gainsbourg und Kirsten Dunst werden als Co-Hauptdarsteller geführt, die Hauptrolle im klassischen Sinn spielt aber eher Dunst und Gainsbourg eine sehr dominante Nebenrolle.

Re: Lars von Trier und "Nymphomaniac"

von THomasHH » 15. Dez 2014, 21:54

Vielen Dank, Martin. :i_like:
Jetzt bin ich umso mehr auf diesen Film gespannt.

Ich kenne übrigens auch die beiden anderen, von Dir erwähnten Filme nicht, bei denen Charlotte Gainsbourg mitspielt.
Ist es sinnvoll, oder gar notwendig, diese vorher gesehen zu haben, um diesen hier besser zu begreifen?

Alle drei Filme werde ich mir so oder so in endlicher Zeit (soll heißen: bald) besorgen und dann auch gleich anschauen*.

Grüße,
Thomas

*
Dieser Hinweis ist nicht ganz unwichtig, da ich mehere hundert Filme & Serien in meiner Sammlung habe, die ich noch nicht gesehen habe. Viele davon stehen schon mehrere Jahre in den Regalen ... :innocent:

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