Ars Nova

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MartinC
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Ars Nova

Ungelesener Beitrag von MartinC »

Aus aktuellem Anlaß... und mit einem kleinen Farmer-Twist. Ich war mir sicher, das schon einmal hier gepostet zu haben, aber das war offenbar im gewesenen anderen Forum...

Ich fahr am Freitag nach Villersexel (schöner Name, das ist hinter Belfort / Mulhouse) zum Rock au Château Festival, weil dort u.A. die japanische Band Ars Nova spielt.

Ars Nova war ursprünglich mal ein rein instrumentales Frauen-Trio, das sämtliche LPs von Emerson, Lake & Palmer durch den Mixer gedreht hat, aber mit einer dermaßen enthusiastischen und messianischen Inbrunst, daß man sie einfach ins Herz schließen mußte... ich habe sie 2010 kennengelernt, als sie auf dem Night of the Prog Festival auf der Loreley spielten und ich mich vom Veranstalter etwas "um sie kümmern sollte"... was eine Herausforderung war, denn Japaner sprechen absolut Null (Nil, Zero) Englisch. Das sah dann so aus, daß ich mit Händen und Füßen versuchte, einzelne Substantive wie "Time", "Food", "CD, DVD" mimisch zu illustrieren und Keiko (Kopf und Tastenfrau der Band) mit einem ängstlichen Lächeln zuhörte und auf nichts reagierte... :gruebel:

Es gab damals von ihrem Auftritt diverse YouTube Clips, die aber leider allesamt verschwunden sind, daher kann ich jetzt nur eins unserer Fotos anbieten...
ArsNova_0834_6694.jpg
Als im Jahr danach die Katastophe in Fukushima passierte, hängte sich der Veranstalter von Night of the Prog (der eine sehr liebenswerte Seele ist, was wenig Leute wirklich wissen) umgehend ans Telefon und versuchte, sie zu erreichen, um zu hören, ob es allen gut geht. Das dauerte 2-3 Tage bis er dann doch irgendwie durchkam, und zum Glück waren alle (auch mit ihren Familien) in Tokio und in Sicherheit. An der Stelle übergab er dann die weitere Kommunikation wieder mir, und seitdem hab ich eine regelmäßige eMail-Freundschaft mit Keiko, die entweder jemanden zum Übersetzen oder ein sehr gutes Programm dafür hat... ihr Englisch ist etwas strange, man kann sich aber schriftlich sehr gut mit ihr unterhalten.

Und damit zum "Farmer-Twist" - das zweite Ars Nova Album von 1994 hieß "Transi" und hatte dieses Cover:
ArsNova_Transi_Cover.jpg
Da wir inzwischen ohnehin über alles Mögliche plauderten, sprach ich sie darauf an, und sie hatte noch nie etwas von Mylène Farmer gehört (wobei ich sie prompt in Folge, ein klein wenig, mit ihr anfixte...) :pfeif:
Tatsächlich hatte sie damals an der Uni zufällig ein Foto der Statue in Bar-le-Duc gesehen und war von dem Bild fasziniert, ohne den Hintergrund zu kennen, und so kam es auch zu dem Mißverständnis, daß sie die Figur für ein Skelett hielt. Sie war vor allem von der Geste fasziniert, das Cover-Foto machte sie mit einem befreundeten Medizin-Stundenten, der das Skelett dafür beschaffen konnte. Als ich ihr das tatsächliche Konzept hinter den Transi beschrieb, war sie prompt ein wenig traurig, das damals nicht gründlicher erforscht zu haben, denn ihre Themen sind denen von Farmer nicht unähnlich, auch sie beschäftigt sich in ihrer Musik gleichermaßen mit dem Tod wie mit Sex/Erotica... wobei das bei (fast) ausschließlicher Instrumentalmusik natürlich immer eher eine Sache von Artwork und Bühnenshow ist.

Das ist die Studio-Aufnahme des Stücks "Transi" von 1994:



Auf der Loreley hatte sie mit ihrer Bassistin Panky und einem erst 3 Tage vorher eingesprungenen Schlagzeuger gespielt, inzwischen sind sie ein reines Mädchen-Quartett, ich glaube auch wieder mit der früheren Schlagzeugerin von 2000 herum, aber mein Japanisch ist etwas eingerostet... :kicher:

Ihre letztes Album erschien aber schon 2009, und in den letzten Jahren haben sie nur sporadisch in Japan gespielt, also laß ich mich mal überraschen, was sie am Wochenende im Schloß spielen werden...

Das ist ein Track ihres letzten Albums "Seventh Hell ~ La Venus Endormie":



Die fliegen jetzt übrigens allen Ernstes nur für das eine Konzert nach Frankreich und danach sofort wieder heim nach Japan...
Zuletzt geändert von MartinC am 20. Aug 2017, 20:00, insgesamt 1-mal geändert.
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THomasHH
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Ungelesener Beitrag von THomasHH »

Klingt mal nicht schlecht. :)

Und es wundert mich nicht, dass sie Emerson, Lake & Palmer bearbeitet haben, da ist eine gewisse "familiarity" zu Prog-Rock.
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MartinC
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Ungelesener Beitrag von MartinC »

THomasHH hat geschrieben:Und es wundert mich nicht, dass sie Emerson, Lake & Palmer bearbeitet haben, da ist eine gewisse "familiarity" zu Prog-Rock.
Man könnte eher sagen, es ist die Definition des Genres... ;)

Das war ein vergnüglicher Wochenendausflug grade, und mal auf einem Festival ohne Streß zu sein (ich mag ehrlich gesagt gar keine Festivals...) eine erfreuliche Abwechslung. Villersexel ist eine Kleinstadt at the Backside of Nowhere und das Chateau ist ein Luxushotel mit einer parkähnlichen Wiese davor - auf der die Bühne auf der Hinterseite stand. Das hatte den kleinen Schönheitsfehler, daß man als Zuschauer das schöne Schloß immer im Rücken hatte.

Aber, was traurig war, die Zuschauerzahl... das Festival hatte letztes Jahr Premiere mit Steve Hackett als Headliner am ersten Tag und Ange am zweiten, und das zog gewaltig Leute. Dieses Jahr wollte der Veranstalter (Francis Decamps von Gens De La Lune) etwas zurücknehmen und über Vielfalt gehen, und das ging in die Hose. Wir waren nur Freitag da (Thema "Woman Power") und es kamen erbärmlich wenig Zuschauer, richtig schlimm. Grund war (auch) das Wetter (üble Vorhersage und bis 15:00 rum auch noch Sturzbäche, ab 18:00 (Beginn) dann aber Traumwetter), aber in erster Linie das Prinzip "was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht" und so kamen zu jeder Band ein Grüppchen Edelfans und sonst niemand. Hatte ich schon "Schande!" gesagt? Schande! :mad:

Die Sängerin der ersten Band Lybellulla wäre wahnsinnig gerne Robert Plant und ihre Band Zeppelin, und wenn sie es nicht so mit der Brechstange versucht hätten, dann wären sie viel besser gewesen - aber unterhaltsam wars. Die Headlinerin in der Nacht war Carolyn Wonderland aus Texas mit Bluesrock, der mir am Anfang (druckvoll und Up-Tempo, wie frühe Dr. Feelgood) saugut gefallen hat, in der Mitte wurde es mir dann etwas dudelig (super gespielt, aber nicht ganz meine Tasse Tee). Und meine Überraschung war Manu (die, nach einem Todesfall, Nachfolgeband von Dolly, die ich beide nicht kannte) mit extrem schönen Power-Pop, melancholische starke Melodien, druckvoll auf den Punkt gespielt, richtig Klasse. Und der Geheimtip waren Les Fees Minees, ein als Rockabilly-Punks verkleidetes Damen-Trio, die in den Umbaupausen auf einer kleineren Bühne direkt neben der Hauptbühne enthusiastischen Folk-Punk gespielt haben (sie nennen es Folk'n'Roll). Fazit: Ein Kessel Buntes, aber über Stunden hochvergnüglich, für 30 Euro (!) Eintritt ein Traum-Deal und sagte ich schon "Schande!" wegen den wenigen Zuschauern? Schande! :mad:

Ars Nova wiederzusehen war großartig (meine Fresse, die Loreley ist jetzt auch schon wieder 6 Jahre her...) und jetzt sind sie allen Ernstes für 3 Tage hergeflogen um das eine Konzert in Europa zu spielen. Instrumente und Anlage wurde hier zusammengesucht, bis kurz vor dem Festival hatten sie noch im Internet für Keiko einen bestimmten Synth gesucht...

Am Nachmittag haben wir sie für's Magazin vor das Schloß geschleppt und ein paar Promo-Fotos gemacht. Man beachte die zeitlose modische Eleganz in einer Stilsicherheit, wie sie nur Japanerinnen beherrschen...
ArsNova_DSC07562.jpg
Vor dem Schloß (-Hotel) standen ein paar Luxus-Autos, unter anderem eine neue quietschgelbe Corvette und ein uralter Ami-Schlitten. Jemand aus ihrer Entourage kam auf die Idee, daß sie sich auch noch auf die Geschosse gesetzt haben, als grade keiner guckte, aber ich schätze, die Bilder veröffentlichen wir mal lieber nicht... :pfeif:

Was ihre Alben angeht, dürfte das Wochenende der Kehraus gewesen sein, sie hatten in einem Köfferchen nur noch eine Reste-Rampe mit ein paar alten Einzelstücken (alte japanische Jewel Cases und ein paar wenige spätere Vinyl Replicas). Die haben alle den Schlag nicht gehört, das meiste ging sogar noch vor Publikumsöffnung an Crew-Leute vom Veranstalter.

Ihr Konzert war phantastisch, vor allem dafür, daß sie in den letzten Jahren eher sporadisch zusammen waren und jetzt auf dem Festival ja auch noch mit geliehenen Instrumenten spielten. Im Publikum hatten sie erkennbar die massivste Fanbase, da waren auch relativ viele Leute aus dem Ausland angereist.

Es gibt einen Clip von einem Zuschauer vom Anfang des Konzerts (übler Ton, leider), das Stück ist etwas unerwartet jazzig in Teilen. In der zweiten Hälfte haben sie dann verstärkt ihre Bombast-Klassiker gespielt, sogar auch wieder "Transi".

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